Ehemann, Vater und Hilfsmittelbotschafter
Willy ist für uns als Hilfsmittelbotschafter unterwegs. Was das bedeutet, warum er eigentlich im Rollstuhl sitzt und wie der liebe Willy sonst so tickt, können Sie hier nachlesen.
Hallo liebe Leser, hallo liebe SORG-Freunde,
seit 2017 gehöre ich nun schon zur SORG-Familie und möchte ich mich euch gern etwas ausführlicher vorstellen. Geboren wurde ich 1964 in Hamburg, mit so genannten Glasknochen – einer genetischen Stoffwechselstörung der Knochen, die im Wesentlichen ein hohes Risiko für Knochenbrüche zur Folge hat. In den 60er Jahren war noch nicht all zu viel über „Glasknochen“, oder medizinisch ausgedrückt Osteogenesis imperfecta (OI), bekannt. Daher riet die Kinderärztin meiner Mutter, gleich nachdem sie mit mir aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen wurde, dass es besser sei wenn sie keine so intensive Bindung zu mir aufbauen würde, da ich die nächsten Monate sowieso nicht überleben würde. Das zeigt, dass Ärzte eben auch nur Menschen sind und sich irren können…
Kinderwagen, Dreirad und Rollstuhl
Trotz größter Vorsicht und Sorgfalt, die meine Eltern mir in den nachfolgenden Jahren zukommen ließen, blieb es einfach unvermeidbar, dass ich mir mal nachts beim Umdrehen im Schlaf einen Arm, beim Rutschen über den Teppich ein Bein oder einfach beim Niesen eine Rippe brach. Aus Angst vor weiteren Verletzungen trug mich meine Mutter die meiste Zeit auf einem Kissen, oder fuhr mich in einem Kinderwagen umher. Später war ich dann Zuhause oder in häuslicher Umgebung mit einem Dreirad unterwegs. Für Einkäufe oder Besuche wurde ich dann in einem Kinderwagen gefahren. An dessen Fußteil wurde dann im Laufe der Jahre eine Verlängerung angeschweißt, weil ich schon ein wenig heraus gewachsen war.
Ein Rollstuhl für die Schule
Die ersten Schuljahre wurde ich, mit 2 mal zwei bis drei Unterrichtsstunden die Woche, von einer Lehrkraft zu Hause unterrichtet. Mit den Jahren wurden es dann sogar 5 Schultage in der Woche, auch für je zwei bis drei Stunden Unterricht. Und ab der achten Klasse, nahm ich dann begleitend zum Hausunterricht stundenweise am Schulunterricht in einer nahe gelegenen Schule teil. Hierfür brauchte ich nun aber doch einen Rollstuhl. Es war ein, als Sonderbau abgewandelter, Garant von der Firma Günter Meier, bei dem man die Antriebsräder nach vorn gesetzt hatte.
Für meine erste Tour fuhren meine Eltern mit mir ins Einkaufszentrum Hamburger Strasse, denn hier war alles schön ebenerdig und ohne Schwellen und Steigungen erreichbar. Ich erinnere mich noch sehr genau an den Augenblick, als ich zum ersten Mal allein und ohne die Gegenwart meiner Eltern aus dem Fahrstuhl heraus durch die Ladenzeile fuhr. „Stolz wie Oskar“ empfand ich jeden gefahrenen Meter als ein weiteres Stückchen Freiheit und mit Worten sicherlich nur schwer zu beschreiben. Zum ersten Mal war es mir möglich, mich nun auch in der Öffentlichkeit selbstständig dort hin bewegen zu können, wohin ich wollte. Und damals war ich schon 14 Jahre!
Angepasst war der Stuhl aber so gut wie gar nicht auf mich; die Armlehnen waren viel zu hoch und scheuerten so sehr an meinen Oberarmen, bis sie schließlich wund wurden. Der Sitz war viel zu breit, so dass ich beim Antreiben des Rollstuhls auf dem blauen Kunstlederbezug ständig hin und her rutschte und hierdurch viel weniger Kraft für den eigentlichen Antrieb des Rades hatte. Aber all diese Widrigkeiten bemerkte ich nicht, denn ich war glücklich über meine erlangte Selbständigkeit.
Mein Leben mit OI heute
Heute führe ich ein annähernd normales Leben, habe eine liebevolle Frau und einen wunderbaren Sohn. Unsere Wohnung haben wir größtenteils so eingerichtet, dass ich ohne viele Hilfsmittel auskomme und vieles erledigt meine Frau. Neben meinem Rollstuhl ist meine Greifzange eine besondere Hilfe, vor allem wenn ich Gläser oder ein frisches T-Shirt aus einem Schrank holen will. Und natürlich ist auch mein Auto auf Handbetrieb umgebaut.
Beruflich bin ich nun als Hilfsmittelbotschafter bei SORG Rollstuhltechnik tätig. Dies ist eine ganz neue Position in der Firma, deren Aufgabe unter anderem ist, den Kontakt zu den Benutzern unserer Rollstühle herzustellen. Denn gerade dieser direkte Austausch zwischen Rollstuhlnutzer und Hersteller trägt letztlich zur stetigen Verbesserung unserer Rollstühle bei. Ich fungiere quasi als eine Art Schnittstelle zwischen Benutzer und Hersteller. Besonders toll finde ich dabei, dass meine eigenen Erkenntnisse und die Rückmeldungen unserer Rollstuhlnutzer direkt in die Entwicklung neuer und in die stetige Verbesserung vorhandener Stühle mit einfließen.
Was mir bei meiner Arbeit besonders am Herzen liegt, gerade vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen, ist die Versorgung der Betroffenen mit, auf sie angepassten Hilfsmitteln. Wer einmal mit einem Rollstuhl gefahren ist, der beispielsweise zu breit war oder aus einem anderen Grund einfach nicht gepasst hat, kann das bestimmt nachvollziehen. Diese Erfahrung musste ich als Kind und als Jugendlicher machen und möchte dies der heutigen und auch künftigen Generation gerne ersparen.
So, nun wisst Ihr so einiges über mich. Wenn auch ihr mir etwas von Euch erzählen möchtet oder ihr Euch einfach gerne mit mir vernetzen wollt, dann schreibt mir doch ganz einfach unter hagelstein(at)sorgrollstuhltechnik.de.
Liebe Grüße,
Euer Willy